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Rambazamba im Bottwartal

1. Bottwartal-Marathon, 42,2 km
17.Okt. 2004

In einer Mischung aus Zuversicht und Wahnsinn habe ich beschlossen, dass ein überlanger Trainingslauf 6 Tage vor dem Schwäbische Albmarathon genau das Richtige für mich sei. Also auf nach Großbottwar, mal schauen, was die Unterländer so drauf haben, wenn’s um die Veranstaltung eines Marathons geht.

Gleich zu Anfang stelle ich fest, was sie nicht drauf haben. Weder gibt es genügend Parkplätze in der Nähe von Start und Ziel noch irgendwelche Kugelschreiber für’s Ausfüllen der Meldezettel. Doch damit sind die negativen Punkte auch schon abgehakt, ich wandere auf dem Weg vom Auto zum Start halt mehrfach durch Großbottwar, und einen Kuli kriege ich geborgt.

Auf meinem zweiten Weg durch den Ort meldet sich Reinhard aus Aschaffenburg per Handy und obwohl ein ganz schönes Gewimmel auf dem Gelände der Bottwartal-Kellerei herrscht, treffen wir uns problemlos. Richtig professionell sieht der Start-Ziel-Bereich aus. Und auch sonst wird "alles" geboten: Jede Menge Helfer, T-Shirts für Voranmelder, ein kleines Fläschchen Riesling für jeden Starter, Champion-Chip-Messung. Das Startgeld ist allerdings auch professionell, Nachmelder werden mit 33.- zur Kasse gebeten.

Reinhard möchte gerne so ca. 4:30 laufen und das passt prima zu meinen Plänen, mich heute nicht fortreißen zu lassen. Reinhard, das laufen wir zusammen!

Gestartet wird in drei Blöcken, der zweite Block wird vom pacemaker für 3:30 angeführt, der dritte von Walter Koch, der heute zumindest bis Halbmarathon als pacemaker für die 4:00 läuft. Auf relativ schmalen Wegen geht es erst mal Richtung Norden durch Oberstenfeld nach Gronau und Beilstein. Gleich fällt auf, es sind erstaunlich viele Leute am Streckenrand. Keine Massen, aber für so einen Sonntagmorgen mit zweifelhafter Wettervorhersage (7-10°, Regenwahrscheinlichkeit 90%) ist gut was los.

Zwischen den Orten wird auf Radwegen, Feldwegen und oft komplett abgesperrten Landstraßen gelaufen. Die Strecke beschreibt in etwa eine stehende 8, die HM-Läufer laufen nur die Nordschleife, die Marathonläufer dann nach einem kurzen Vorgeschmack auf’s Ziel noch die Südschleife.

Wir aber tauchen erst mal ein ins Bad in der Menge. In den Ortkernen ist der Teufel los. Musik, Sprecher mit Mikrofon, Kuhglocken und Applaus. Reinhard überlegt, ob er nicht doch mal einen Stadtmarathon laufen sollte. Aber in welcher Stadt findet man jemanden, der ausdauernd eine riesige hölzerne Wengerträtsche kreisen lässt?

In Beilstein dann eine kurze Begegnungsstrecke, wir werden der Spitze ansichtig. Und stellen fest, dass die uns, obwohl wir eigentlich zu schnell sind, ganz schön weit voraus sind, Denn bis wir wieder an dieser Stelle landen, laufen wir durch ganz Beilstein, einen Hügel hinauf und wieder hinunter und erst nach einem weiteren Anstieg hinab nach Beilstein. Mit diesen Buckeln rund um Beilstein ist der Großteil der Steigungen dann auch geschafft.

Nach knapp 2:13 geht es vor der Bottwartal-Kellerei wieder über die Matten. Die Halben sind am Ziel und wir machen uns auf den Weg Richtung Süden, nach Kleinbottwar. Es waren ganz schön viele halbe Portionen, auf einmal wird es richtig leer. Vor und in Steinheim nochmal Begegnung mit der Feldspitze und in der Ortsmitte dann am Verpflegungspunkt Jahrmarkt mit Karussell und Gebrannten Mandeln und einer fröhlich rufenden Menge. Wehe, Ralf Klink würdigt in Laufreport das Zuschauerecho nicht angemessen! ;-)

Reinhard wird langsam so merkwürdig ruhig, sagt kaum noch ein Wort. Hm, das Phänomen kenne ich irgendwie. Auch unsere km-Zeiten werden deutlich ruhiger. In Murr ist der südlichste Punkt erreicht, jetzt geht es wieder zurück. Nach einem von Zuschauermengen umstellten Verpflegungspunkt geht es aber erst mal auf Wirtschaftswegen durch die Felder rund um Murr. Ein Schauer geht nieder, auch die Felder sind eher trostlos. Rüben scheinen eine Spezialität von Murr zu sein.

Längst hat sich ein Dritter zu uns gesellt. Und weil die örtliche Zeitung eine Liste der vorangemeldeten Teilnehmer abdruckte und das Publikum eifrig die Namen raussucht, erfahren wird bald, er heißt Heinrich.

Wieder in Steinheim schickt Reinhard uns fort, er will ein Stück gehen. Tja auch beim laufen gibt es die Momente, wo man sich entscheiden muss, bleiben oder gehen? Ich selbst empfinde es eher als Belastung und Verpflichtung, wenn jemand Schnelleres bei mir bleibt, wenn ich schwächle. Schmählich lasse ich also Reinhard bei km 37 im Stich und lege gleich mal einen Zahn zu.

Ob das wohl geht, hintenraus noch ein bisschen zulegen? Es geht sogar gut und ein Blick auf die Uhr zeigt, unter 4:30 ist bei dem Tempo noch drin. Das will ich mal nicht so ganz knapp werden lassen, ich laufe noch schneller und sammle mit 5:25 den km jede Menge Läufer ein. Längst scheint wieder die Sonne und dann zum zweiten mal der schon bekannte Zielanflug auf die Kellerei, 4:28:12!

Zielverpflegung gibt es in den Katakomben der Kellerei, es riecht nach allerhand nicht ganz so leckeren Nebenprodukten der Weinproduktion aber das alkoholfreie Bier schmeckt trotzdem herrlich. Nicht mal halb habe ich den Becher geleert, da taucht auch schon ein sehr zufrieden aussehender Reinhard auf. Und um die Sache richtig rund zu machen, bietet mir ein unbekannter Mitläufer eine Mitfahrgelegenheit zum anderen Ortsende, wo mein Auto mit meinen warmen Sachen steht.

 
  © 2005 · Ute Pfaff · Emailemail senden